Nachdenken

Ist Australien unser neues Suchtmittel?

Wir waren immer schon an der Gegend interessiert, wir haben uns vor dem langen Flug lange zurückhalten lassen. Und jetzt haben wir es doch einmal geschafft. Wollen wir in Zukunft also nur mehr dorthin und ist es damit unser neues Suchtmittel?

Dazu gibt es natürlich eine kurze und eine lange Antwort. Die kurze: Nein.

Die lange zeigt, es ist viel komplizierter als ein Nein. Da gibt es viel zu beachten.

Zeit

Von den praktischen Dingen darf man die Zeit im Flugzeug echt nicht unterschätzen und wir empfehlen dringend, den Flug in zwei Teile zu teilen. Der Rückweg ohne Pause war schon extrem brutal und da wären 2-3 Tage in einer Zwischendestination sicher toll gewesen. D.h. wenn man die Zwischenziele halbwegs genießen will, muß man für jede Flugrichtung schon eine gute halbe Woche rechnen. Man braucht also Zeit. Mit drei Wochen Urlaub braucht man da erst garnicht darüber nachdenken. Wenn man wie der vor kurzem pensionierte Chef eines Bekannten 4 Monate unterwegs sein kann, ist das natürlich kein Thema. Singapur ist echt super (auch wenn Astrid das schwüle Wetter nicht so toll fand), aber es gibt in der Gegend auch noch andere geeignete Zwischenpunkte.

Preise

Das Leben in Australien ist wesentlich günstiger als in Europa oder in den USA. Da hilft vorwiegend der Wechselkurs mit ca. 0,6€/A$. Es hilft auch, daß Campingplätze in Australien günstige Ferienziele sind und in Konkurrenz mit Gratisstellplätzen stehen. Fastfood ist extrem günstig, echtes Essengehen kann dafür schnell teuer werden. Essen im Supermarkt ist auf der günstigen Seite, wenn man Vegetarier ist, wird man jedoch pleite gehen.

Übernachtungsfindung

Es gibt genug Campingplätze, es gibt aber kein so zentrales System wie z.B. die KOAs in den USA. Das Finden kann daher extrem mühsam sein. Man muß durch Google und die verschiedenen Suchportale durch. Die Qualität ist dann auch noch schwankend und wenn man örtlich beschränkt ist, kann man schon mal wie wir auf einer Kuhwiese zu einem relativ hohen Preis enden. Die NP Campingplätze, die wir gesehen haben, waren extrem primitiv, also i.A. der Parkplatz mit manchmal einer Wiese neben dem Klo des Wanderwegparkplatzes. Es ist daher bei der Planung zumindest nicht einfach.

Planung

Die kurzen Öffnungszeiten von allem machen es schwer einen Tag voll zu füllen. Wenn Zoos um 15 Uhr schließen und die Rezeption eines Campingplatzes um 16 Uhr, ist der Tag schon beschränkt. Und ganze Einkaufszentren können schon um 17 Uhr schließen. Auch da braucht man in Australien einfach viel Zeit.

Man braucht auch wesentlich mehr Zeit einen Plan für seinen Tag zu machen. Wo man in den USA zu einem großen NP fährt, dort ein Visitor Center mit Map hat und wenn man es einfach haben will, einen 5-Minuten Chat mit einem Ranger zur Orientierung führt, da ist in Australien zwar alles gratis, aber man bekommt auch genau so viel. Viele NPs sind nicht developed at all, die meisten haben Wanderwege und ein Klo mit einem winzigen Parkplatz. Da muß man einerseits Wandern mögen und andererseits muß man rausfinden, was man wo machen kann. Über Sicherheitsdinge haben wir noch garnicht nachgedacht, aber in einem NP in den USA gibt es Ranger, die einen holen kommen, in Australien ist da nix.

Besuchsziele

In Australien sind alle Dinge kleiner. D.h. das Automuseum hatte vielleicht 50 Autos in einem Dachgeschoß. Das zählt in den USA zu den kleinen Dorfdingen, in Australien ist es quasi das größte was sie haben. Uns ist bei fast allen Städtchen auch nicht klar, was dort die Leute so außer arbeiten und leben tun. Da gibt es nix zum Ansehen oder zum Freizeit verbringen, ein Kino ist schon den großen Städten vorbehalten. Gerade mal Gold Cost (oder sagen wir Brisbane Großraum) hat da ein paar Dinge. Also ist Brisbane quasi das Florida Australiens. Oder Airlie Beach hat was zum klassischen Urlaub machen (wenn man Strand und Meer mag). Aber sonst? Eine Kollegin war in Australien und hat die Reise mit ‘a beautiful lookout’ beschrieben. Und ich sage, so banal das klingt, es wäre die kürzeste Beschreibung unserer Reise. Es gibt eine lange Reihe an wirklich schönen Aussichtspunkten, mit und ohne Strand/Meer. Man fragt sich aber nach einer Weile, ist das alles? Wir haben in den USA immer darauf geschaut neben den NPs (die dort sehr verschieden sind) auch Museen, Zoos, botanische Gärten und sonstiges zu tun. Die Balance fehlt uns in Australien.

RV vs. Zelt

War das RV besser als ein Auto mit Zelt? Astrid will eigentlich nie wieder mit Zelt unterwegs sein, da sind wir unterschiedlicher Meinung. Man darf aber natürlich nicht vergessen, man ist mit einem RV unabhängiger. In den USA war ich unhappy, wenn es am Abend kalt wurde, weil man außer im Schlafsack liegen nichts tun konnte. Das fällt mit dem RV weg. Auch ein schweres Gewitter in der Nacht ist völlig egal, weil man muß kein Zelt einpacken und Überschwemmungen bis Radnabenhöhe sind egal. Man spart auch viel Zeit, weil es kein Auf- und Abbauen gibt. Man klappt in Australien Sessel und Tische ein; das würde man sich in den USA auch noch sparen.

Auf der anderen Seite stehen der Spritverbrauch und die Fahrgeschwindigkeit. Der Verbrauch ist höher bei einem RV und das muß man einfach zahlen. Der Geschwindigkeitsunterschied ist in Australien 0 und auch in den USA ist da nix zu sehen, weil die Limits für RVs und Autos gleich sind. Wenn es um die Handhabung geht ist da natürlich ein Unterschied. Wir hatten einen einfachen Kastenwagen und da muß man halt echt lenken und nicht gemütlich mir einer Hand im Sessel lümmeln. Überholen war nur in Ausnahmesituationen möglich, weil hektisch war der Kastenwagen nicht. Und in Australien sollte man lieber nichts über den 6m Länge nehmen, weil man sonst nirgends parken kann. In Städten und Einkaufszentren kommt noch hinzu, daß in Australien Schattendächer oder Garagen keine RVs drunter lassen, drive through ist ebenfalls völlig ausgeschlossen. Da sehe ich in den USA weniger Einschränkungen. In Städten in Australien muß man entweder auf Öffis umsteigen oder verzichten. Der Parkplatz beim Automuseum in Brisbane war einer von zwei Stellplätzen, die Führung durch die Brauerei mußten wir ganz auslassen. In Sydney konnten wir die Parkgarage beim Taronga Zoo nicht nehmen (und haben dann auf den Zoo ganz verzichtet). In den USA gibt es eigentlich immer größere Parkplätze, es kann nur sein, daß die mehr kosten.

Wohin in Australien

Wenn man mich aktuell fragen würde, wo ist die beste Gegend in Australien, wo man Zeit verbringen kann, so ist es recht einfach der Großraum von Brisbane. Das Wetter ist ganzjährig ok, es gibt Strände, man hat Urlaubsdinge wie Zoos, botanische Gärten und echt hübsche NPs im Hinterland. Wer noch nie in den Freizeitparks der USA war, wird auch da fündig. Wer also 2 Wochen ohne große Fahrten erleben will, ist dort richtig.

ReDo/ToDo

Wenn man mich nun fragen würde, gibt es noch eine ReDo/ToDo-Liste für Australien, so kann ich genauso klar sagen: JA!

  • Daintree NP würde ich sofort wieder machen. Ich habe da noch 2 Boardwalks auf der ToDo Liste, die gerade renoviert wurden.
  • Im Lamington NP würde ich gerne den langen Rundweg durch den Regenwald gehen. Da war die Wettervorhersage dagegen.
  • In Airlie Beach sollte man schon noch einmal Jet Ski fahren und ein Schnorcheltrip im outer reef (ist wegen dem Wetter ausgefallen) wäre unbedingt noch auf der ToDo Liste.
  • Uns ist die Führung durch die XXXX Brauerei wegen Parkplatzproblemen ausgefallen
  • Uns ist der Taronga Zoo in Sydney wegen Parkproblemen ausgefallen. Wenn wir einen zweiten Tag Sydney gemacht hätten, hätte man mit der Fähre rüberfahren können. Mit einem Auto fährt man in das dortige Parkhaus und dreht die Sydney Runde einfach um.

Und dann fehlt uns nur mehr der Rest von Australien. Einmal durch das Outback fahren, Alice Springs sehen, Melbourne und Adelaide oder Perth. Oder das tropische Darwin mit dem Northern Territory. Da wird man aber noch sehr viel mehr Zeit brauchen und eine gute Planung, weil im Norden und Westen ist echt wenig los, da wird ein Tag schnell langweilig. Wenn man die Beschreibung der 1000km langen schnurgeraden Strecke im Süden nach Perth hört, muß man sich was überlegen.

Daher

Ja, wir wollen wieder nach Australien, aber da brauchen wir mehr Zeit als 5 Wochen. Ist also die Frage, wann wir das machen können. Es wird somit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht in den nächsten ein oder zwei Jahren passieren. Aber wie mein neues Vorbild in der Pension 4 Monate unterwegs zu sein und damit unseren Winter zu überlisten wäre ein echt cooler Gedanke. Wobei da gibt es auch noch die Idee ein ganzes Jahr in den USA zu verbringen. Sponsoren sind schon jetzt gesucht!